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Gasspeicher: Was die niedrigen Füllstände für die Preise bedeuten

Gasspeicher: Was die niedrigen Füllstände für die Preise bedeuten

Diese Zahl weckt böse Erinnerungen: 2,45 Prozent. Das ist der aktuelle Füllstand des größten deutschen Gasspeichers, der sich im niedersächsischen Rehden befindet. Dort kann tief unter der Erdoberfläche etwa ein Fünftel aller deutschen Gasreserven für den Winter unterkommen. Ein ähnlich niedrige Menge wie die 2,45 Prozent wurde zuletzt im Winter 2021 registriert. Bald danach folgten: der russische Angriff auf die Ukraine und eine Energiekrise mit astronomischen Gaspreisen.

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Seinerzeit gehörte der Speicher in Rehden noch dem russischen Staatskonzern Gazprom. Inzwischen ist er in der Hand der Firma Sefe, die dem deutschen Staat gehört. Dennoch stellt sich die Frage: Steht eine neue Krise bevor? Zumal der Gasmarkt seit Monaten Kapriolen schlägt.

Früher war Erdgas im Sommer sehr billig und im Winter ziemlich teuer, wegen der stärkeren Nachfrage in der kalten Jahreszeit. Deshalb kauften Energieunternehmen im Sommer zwecks Einlagerung, um es im Winter mit Gewinn loszuschlagen.

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In den zurückliegenden Monaten funktionierte dieser Mechanismus nicht mehr. Er drehte sich um, Wintergas war sogar billiger als Sommergas. Deshalb machte es für Energieunternehmen auch keinen Sinn, den Brennstoff zum Einspeichern zu erwerben.

Die Folge: Die hiesigen unterirdischen Reservoire sind aktuell nur zu rund 52 Prozent gefüllt - der niedrigste Wert seit der Energiekrise. In der gesamten EU sind es zwar gut 60 Prozent, aber auch dies ist nicht gerade ein überragender Wert. Experten wundern sich und begründen die Kaufzurückhaltung mit einer „großen Verunsicherung“ am Markt.

Dazu habe auch die neue deutsche Wirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) beigetragen, heißt es. Völlig überraschend hat sie zum 1. Mai die gesetzlich vorgeschriebenen Füllmengen herabgesetzt, die ihr Vorgänger Robert Habeck (Grüne) während der Krise eingeführt hatte. So müssen am 1. November nicht mehr 95 Prozent, sondern nur noch 70 Prozent erreicht werden.

Die Begründung von Reiche: Die Versorgungssituation habe sich spürbar verbessert. Tatsächlich wurde die Abhängigkeit von Russland deutlich zurückgefahren. Wichtigster Lieferant ist jetzt Norwegen. Zudem steht Gas in verflüssigter Form (LNG) in enorm großen Mengen zur Verfügung, es kann flexibel eingekauft werden, auch in den USA - hierfür wurden in Deutschland mehrere Anlandeterminals in Rekordzeit errichtet.

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Reiche will in dieser Situation mit ihren laxeren Vorgaben mehr Flexibilität für Energieunternehmen ermöglichen. Die Firma THE - sie kaufte in Krisenzeiten im Auftrag der Bundesregierung Speichergas zum Einhalten der Füllquoten - soll sich weitgehend zurückhalten. Damit der Markt es nun wieder alleine richtet.

Doch dort tut sich derzeit Bemerkenswertes. Ende Juni hat sich der sogenannte Spread wieder gedreht. Aktuell ist Methan auf der für Europa maßgeblichen Großhandelsplattform TTF wieder billiger als bei einer Lieferung im Januar, Februar oder März 2026. Das alte Geschäftsmodell könnte also wieder funktionieren. Doch es kommen nach wie vor nur spärlich geringe Mengen in den unterirdischen Methan-Lagerstätten an.

Sebastian Heinermann, Geschäftsführer des Gasspeicherverbandes Ines

Hierbei spielt auch US-Präsident Donald Trump mit seinen unberechenbaren Manövern bei den Verhandlungen mit der EU über Zölle und die künftigen Handelsbeziehungen eine wichtige Rolle. Gashändler halten es für möglich, dass sich beide Seiten auf einen massiven Ausbau der LNG-Importe aus den USA einigen. Das könnte zu einer Methan-Schwemme für den alten Kontinent führen, wodurch die Preise in den Keller gedrückt würden. Die Folge: Wer jetzt kauft, könnte zu früh dran sein und mit seinen Deals letztlich Verluste machen. Dann lieber noch mal abwarten. Aber was passiert, wenn die Verhandlungen mit Trump ganz anders ausgehen?

Sebastian Heinermann, Geschäftsführer des Gasspeicherverbandes Ines, jedenfalls macht auf Hochrechnungen seiner Organisation aufmerksam. Heinermann sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Ein Speicherfüllstand von 70 Prozent reicht nicht aus, um die Gasversorgung in einem sehr kalten Winter zu gewährleisten, selbst dann nicht, wenn die Gasspeicher in unseren Nachbarstaaten vollständig befüllt worden sind. Dabei wurden alle LNG-Terminals in Deutschland einberechnet.“ Die Kalkulationen von Ines-Experten haben ergeben, dass an einzelnen Tagen im tiefen Winter bis zu 17 Prozent des normalen Bedarfs theoretisch nicht gedeckt werden könnten.

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Heinermann hält es überdies für fraglich, ob selbst die gerade abgesenkte 70-Prozent-Quote erreicht werden kann. Denn: „Derzeit sind unter 70 Prozent der Gasspeicherkapazitäten gebucht, sodass selbst bei vollständiger Befüllung der gebuchten Gasspeicherkapazitäten von einer Zielerreichung nicht ausgegangen werden kann.“ Vor diesem Hintergrund stelle sich die Frage, wie die Bundesregierung Gas-Versorgungssicherheit im kommenden Winter gewährleisten wolle. Reiche bliebe dann womöglich nichts anderes übrig, als die THE doch wieder einzuschalten. Doch spätestens damit würden dann nach Einschätzung von Insidern die Gaspreise wieder in die Höhe getrieben.

rnd

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