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KOMMENTAR - An der Börse haben es viele Unternehmen in den USA besser als in Europa

KOMMENTAR - An der Börse haben es viele Unternehmen in den USA besser als in Europa
Den Zürcher Konzern Aebi Schmidt, der Spezialfahrzeuge unter anderem für die Landwirtschaft fertigt, zieht es an die US-Technologiebörse Nasdaq.

Die Landwirtschaftsfahrzeuge des Herstellers Aebi Schmidt verrichten auch auf steilen Alpwiesen ihren Dienst. Die Zürcher Firma produziert zudem Schneepflüge und Kehrmaschinen. Schweizerischer kann ein Unternehmen kaum sein. Dennoch wird der Konzern am 1. Juli den ersten Handelstag an der New Yorker Technologiebörse Nasdaq feiern.

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Aebi Schmidt unternimmt damit einen Schritt, zu dem sich europäische Firmen immer häufiger entschliessen: Statt sich an einem Handelsplatz in Europa wie der SIX Swiss Exchange, der Londoner oder der Frankfurter Börse kotieren zu lassen, öffnen sich Unternehmen lieber in den USA dem Publikum.

Spotify brüskiert die schwedische Börse

Schon vor vier Jahren sorgte der Sportschuhhersteller On für lange Gesichter in Zürich. Er ging an der New York Stock Exchange und nicht in seiner Heimatstadt an die Börse. Auch die weltgrösste Musik-Streamingplattform Spotify, die aus Schweden stammt, zog für ihr Initial Public Offering den amerikanischem dem heimatlichen Aktienmarkt vor.

Aebi Schmidt hat besondere Gründe, sein Glück bei Investoren in Amerika zu suchen. Der Konzern fusioniert mit dem amerikanischen Konkurrenten The Shyft Group. Dieser ist bereits an der Nasdaq kotiert. Zudem verschiebt sich im Zuge des Zusammenschlusses der Schwerpunkt der Geschäftsaktivitäten stark in Richtung Vereinigte Staaten. Knapp drei Viertel des letztjährigen kombinierten Umsatzes von 1,9 Milliarden Dollar wurden in den USA erwirtschaftet.

Dank Shyft kann Aebi Schmidt auf Analysten und Investoren zählen, die mit einem bedeutenden Teil des Geschäfts schon vertraut sind. Bei einer Kotierung in der Schweiz hätte sich das Unternehmen viel stärker um neue Aktionäre bemühen müssen.

Quartalsberichterstattung ist zwingend

Dennoch ist auch für Aebi Schmidt der Börsenstart in den USA kein Selbstläufer, im Gegenteil: Der Initialaufwand ist beträchtlich. Das Management führte Dutzende von Gesprächen mit amerikanischen Investoren und Analysten, um ihnen zu erklären, welche Strategie die Firma mit Sitz im fernen Zürich verfolge. Auch mussten aufwendige Vorbereitungen bei der Umstellung auf den amerikanischen Rechnungslegungsstandard getroffen werden.

Künftig wird Aebi Schmidt, wie dies für alle kotierten Firmen in den USA vorgeschrieben ist, nicht mehr halbjährlich, sondern quartalsweise über den Geschäftsgang berichten. Auch müssen die rigiden Offenlegungsvorschriften des Sarbanes-Oxley-Gesetzes eingehalten werden, das Anleger vor Firmen schützen soll, die mit ihren Zahlen tricksen. Es ist ein offenes Geheimnis: Die laufenden Kosten für eine Kotierung in den USA sind tendenziell höher als bei einer Börsennotierung in Europa.

Doch Firmen, die den Schritt an den amerikanischen Kapitalmarkt wagen, geniessen auch zahlreiche Vorzüge. Diese wiegen die höheren Betriebskosten der Kotierung in der Regel bei weitem auf.

Vorteil Nummer eins sind die höheren Bewertungen, an denen sich Unternehmen mit einer Börsennotiz in den USA oft erfreuen. Dies ist nicht nur dem weltweit mit Abstand liquidesten Kapitalmarkt zu verdanken, über den die Vereinigten Staaten verfügen. Auch ein Heer von Analysten und Investmentstrategen sorgt dafür, dass kotierte Unternehmen die gebührende Aufmerksamkeit von Anlegern erhalten.

Europäer investieren zu wenig in Aktien

Europa dagegen ist in einen Teufelskreis geraten. Die Zahl der kotierten Unternehmen sinkt seit Jahren. Vor diesem Hintergrund bauen auch Finanzinstitute ihre Analyseabteilungen auf dem alten Kontinent kontinuierlich ab, die Märkte sind vergleichsweise illiquid.

Rezepte gegen den schleichenden Niedergang zu finden, ist schwierig. Sie umzusetzen, benötigt obendrein Zeit. Viel gewonnen wäre, wenn Europäer ermutigt werden könnten, verstärkt in Aktien zu investieren. Doch damit tut sich die Finanzwirtschaft seit Jahrzehnten schwer.

Auch die Befreiung von Abgaben würde helfen. Mit dem Volksnein gegen die Abschaffung der Emissionsabgabe wurde in der Schweiz erst vor drei Jahren eine grosse Chance vertan. Über die bitteren Folgen solch kurzsichtiger Entscheidungen braucht sich niemand zu wundern.

nzz.ch

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