Koalitionsvertrag: Bundesregierung will digitale Zahlung zur Pflicht machen

Berlin. „Cash only“ könnte bald Geschichte sein. Die schwarz-rote Regierung will, dass in allen Geschäften grundsätzlich Barzahlung und zusätzlich mindestens eine digitale Zahlungsoption angeboten wird. Dadurch soll „eine echte Wahlfreiheit im Zahlungsverkehr“ geschaffen werden – jeder soll stets selbst entscheiden können, wie er zahlen möchte. Das Vorhaben soll laut Koalitionsvertrag schrittweise eingeführt werden.
Ziel sei es zudem, „in bargeldintensiven Bereichen wie beispielsweise der Gastronomie den Steuerbetrug zu bekämpfen und so die vielen steuerehrlichen Unternehmer zu schützen“, sagte SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi der Welt am Sonntag.
Eine pauschale Verpflichtung für alle Gastronomiebetriebe sieht der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als große Herausforderung an, wie er dem RND mitteilt. „Sinnvolle Digitalisierung ist in der Tat relevant, viele Gastronomiebetriebe sind bereits auf dem neuesten Stand, auch weil ihre Gäste es erwarten. Aber bei einer generellen Pflicht müssen die digitale Infrastruktur, die Praktikabilität und die Konditionen der Dienstleister stimmen“, so der Dehoga-Bundesverband. Es müsse vor allem für Klein- und Kleinstbetriebe Ausnahmen geben.

Der RND-Newsletter aus dem Regierungsviertel. Immer donnerstags.
Mit meiner Anmeldung zum Newsletter stimme ich der Werbevereinbarung zu.
Was der Verband der Hoteliers und Gastwirte meint: Auf dem Wochenmarkt oder im Sommer an der Eisdiele soll es auch weiterhin möglich sein, dem Kind schnell ein paar Münzen in die Hand zu drücken.
Ein weiteres Argument der Gastro-Lobby: Barzahlung funktioniert auch dann, wenn Strom oder Internetverbindung ausfallen. Ereignisse wie die bundesweite Kartenzahlungsstörung im September 2024 würden zeigen, dass digitale Zahlungen mit Risiken verbunden sind, so der Dehoga. Dass ein Gastronom seine Kunden am Tisch festhalten muss, wenn das Internet in die Knie geht und die Kunden vom Bargeld entwöhnt sind: Aus Sicht des Dehoga wäre das der Albtraum.
Für den Handelsverband Deutschland (HDE) schaffe die Verpflichtung zur Kartenzahlung keine „echte Wahlfreiheit“, wie im Koalitionsvertrag formuliert wird. Es sei besser, „für kostengünstigere unbare Zahlarten zu sorgen, statt die Anbieter mit einem Konjunkturprogramm für Zahlungsterminals zu stärken“, so HDE-Zahlungsdiensteexperte Ulrich Binnebößel.

Ulrich Binnebößel ist Experte für Zahlungsverkehrsfragen beim Handelsverband Deutschland (HDE).
Quelle: Die Hoffotografen/HDE/dpa-tmn
Die meisten Händlerinnen und Händler würden laut HDE bereits heute sowohl Bar- als auch Kartenzahlung anbieten. Es bedarf jedoch einer individuellen Einschätzung. „Dort, wo keine Kartenzahlung möglich ist, sollten die Gründe ermittelt werden. So könnten bei besonders margenschwachen Unternehmen die zusätzlichen Kosten einer weiteren Bezahloption davon abhalten“, sagt Binnebößel.
Sowohl für die Anschaffung oder Miete des Zahlungsterminals als auch für die technische Abwicklung von Transaktionen kommen für Händlerinnen und Händler Kosten auf.
Der Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks unterstützt die Pläne der Bundesregierung, weil die Möglichkeit zur Barzahlung durch sie ebenfalls gesichert werden soll. „Für uns ist es wichtig, dass alle Geschäfte, Dienstleister und Einzelhändler in Deutschland verpflichtet sind, Barzahlungen zu akzeptieren“, so Hauptgeschäftsführer Friedemann Berg.

Friedemann Berg, Hauptgeschäftsführer des Zentralverbands des Deutschen Bäckerhandwerks.
Quelle: Zentralverband des Deutschen Bäckerhandwerks
Zudem fordert der Bäckerverband von der Bundesregierung, dass die Gebühren für Abhebung, Einzahlung und Umgang mit Bargeld für Unternehmen gesetzlich auf maximal 0,05 % der jeweiligen Summe begrenzt werden sollen.
In Deutschland geht der Trend klar in Richtung Kartenzahlung. Das zeigt auch eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov. 62 Prozent der 11.530 Befragten gaben an, dass es in Restaurants möglich sein sollte, bargeldlos zu bezahlen. 55 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass man im Einzelhandel bargeldlos bezahlen können sollte.
In Griechenland ist es bereits seit 2024 für Händler und Dienstleister Pflicht, ein Kartenlesegerät zu haben. Ein Resümee zeigt: Die digitale Zahlungsoption wird genutzt. Auf den Wochenmärkten beispielsweise haben sich die bargeldlosen Zahlungen fast verdreifacht – sie stiegen von 3,9 auf 11,2 Millionen gegenüber zum Vorjahr.
Trotz steigender Nachfrage bei digitalen Zahlungsoptionen unterstützt auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) die geplante Annahmepflicht von Bargeld. „Der Koalitionsvertrag spricht sich klar für eine Akzeptanzpflicht des Bargeldes aus. Das ist gut und richtig“, so Dorothea Mohn, Leiterin des Teams Finanzmarkt im Verbraucherzentrale Bundesverband.
Ob sich die Vorgabe einer digitalen Zahlungsoption bewähren würde, ist auf Seite der Verbraucherzentrale noch nicht geklärt. „Entscheidend wird es dabei sein, die Kosten für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für den Handel, beim elektronischen Zahlen zu beachten“, so Mohn. Konkrete Pläne, wie die neue Bundesregierung das Vorhaben umsetzen will, gibt es noch nicht.
rnd