Erneuter Absatzeinbruch: Tesla leidet auch im zweiten Quartal des Jahres


Die Probleme bei Tesla gehen weiter. Auch im zweiten Quartal des Jahres bleiben die Auslieferungszahlen des amerikanischen Elektroautobauers deutlich unter dem Vorjahreswert. Zwar steigt die Produktion wieder auf das Vorjahresniveau, doch das Vertrauen der Kundschaft und die Nachfrage nach den Fahrzeugen halten nicht Schritt.
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Zwischen April und Juni lieferte Tesla weltweit 384 000 Fahrzeuge aus. Gegenüber dem zweiten Quartal 2024 bedeutet das einen Rückgang um 13,5 Prozent. Gleichzeitig erreichte die Produktion mit rund 410 000 Einheiten erneut das Niveau des Vorjahresquartals.
Bereits im ersten Quartal war ein Rückgang der Auslieferungen um 13 Prozent zu verzeichnen gewesen. Damals wurde die Schwäche unter anderem mit der Umstellung auf das neue Model Y begründet. Diese hatte zu temporären Produktionsunterbrüchen geführt.
Das neue Model Y ging im März in die Auslieferung, konnte die Schwäche jedoch nicht brechen. Das Model Y bleibt zwar das am besten verkaufte in Teslas Angebot, ein spürbarer Nachfrageeffekt durch die neu überarbeitete Version blieb jedoch aus. Die Diskrepanz zwischen Produktion und Verkauf verstärkt sich. Ein wiederkehrendes saisonales Muster bei den Auslieferungen lässt sich nicht erkennen. Ob Tesla im weiteren Jahresverlauf eine Trendumkehr gelingt, bleibt offen.
Gegenwind aus WashingtonZugleich verändern sich die Rahmenbedingungen. Im Rahmen des neuen Haushaltsgesetzes namens «Big Beautiful Bill» hat der amerikanische Senat die Abschaffung der Bundesförderung für Elektroautos beschlossen. Fahrzeuge, die ab dem 1. Oktober 2025 gekauft oder geleast werden, erhalten keine staatliche Förderung mehr.
Auch in Europa sinken die Neuzulassungen. Laut dem europäischen Herstellerverband Acea brach der Tesla-Absatz in der EU zwischen Januar und Mai um 45 Prozent ein. In der Schweiz sank der Absatz im Januar um 27 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Für Tesla ist es ein Mehrfrontenkrieg.
Tesla reagierte mit strukturellen Veränderungen. Der CEO Elon Musk übernahm nach dem Abgang seines langjährigen Vertrauten Omead Afshar wieder die direkte Verantwortung für den Vertrieb in Nordamerika und Europa. Laut übereinstimmenden Berichten von «Forbes» und CNBC soll Musk Afshar persönlich entlassen haben. Das Unternehmen äusserte sich bislang nicht zu den Vorgängen.
Tesla gilt auf dem Markt für Elektroautos längst nicht mehr als unangefochten. Chinesische Hersteller investieren jedes Jahr massiv in den Ausbau ihrer elektrischen Angebote. Der Hersteller BYD beispielsweise hat seinen Aktienwert in den letzten fünf Jahren verdreifacht, seinen Absatz gar verzehnfacht.
Der chinesische Technologiekonzern Xiaomi lancierte kürzlich mit dem SU7 seine erste Elektrolimousine. Laut Unternehmensangaben gingen zum Marktstart in China 300 000 Vorbestellungen ein – innerhalb von drei Minuten. Das Modell bietet eine vergleichbare technische Ausstattung, kostet aber nur die Hälfte.
Der SU7 ist zwar bislang nur in China erhältlich, bis 2027 will Xiaomi jedoch in globale Märkte expandieren. Branchenmagazine prophezeien, wie schon so oft, einen Tesla-Killer.
Strategiewechsel oder Status quoNicht zuletzt trägt auch der in Verruf geratene Tesla-Chef Elon Musk zur angeschlagenen Geschäftsbilanz bei. Anlässlich seiner Tätigkeiten als politischer Berater des amerikanischen Präsidenten Donald Trump wurden Boykottaufrufe laut. Aktivisten protestierten vor Tesla-Standorten rund um den Globus, beschmierten die Fahrzeuge mit Parolen oder steckten sie gar in Brand.
Die Zusammenarbeit zwischen Musk und Trump endete öffentlich mit einem Zerwürfnis. Musk kündigte an, sich wieder verstärkt Tesla zuzuwenden – trat politisch jedoch bald erneut in Erscheinung.
Tatsächlich gibt es Anzeichen, die trotz den schwachen Absatzzahlen für eine Beruhigung der Lage sprechen. Das überarbeitete Model Y dominiert beispielsweise in der Elektroauto-Hochburg Norwegen wiederholt die Neuzulassungsstatistiken. Und auch die Börse reagierte auf die dürftigen Zahlen besser als erwartet: Die Tesla-Aktie legte nach der Publikation der neuen Quartalszahlen sogar leicht zu. Analysten betonen, die Zahlen seien zwar enttäuschend, aber besser als befürchtet. Die tiefsten Prognosen wurden übertroffen.
Für Tesla bleibt das Umfeld anspruchsvoll. Die Nachfrage ist rückläufig, der Wettbewerb verschärft sich, und die politische Präsenz von Musk bleibt ein Reputationsrisiko. Das Unternehmen produziert stabil, auf Vorjahresniveau. Ob die Produktion der tatsächlichen Nachfrage entspricht oder zu Lageraufbau führt, ist nicht öffentlich bekannt. Vorerst jedoch bleibt Tesla global sichtbar und technologisch ambitioniert.
Mit dem grossen Erfolg des Model 3 hat Tesla in der Vergangenheit schon einmal düstere Prophezeiungen Lügen gestraft. Auch diesmal könnte sich der vermeintliche Rückschritt als Zwischenetappe zur nächsten glücklichen Wendung erweisen.
nzz.ch