Drei Hebel für die Praxis: Nachfolgeplanung – wie Vermögen steuersmart die Generation wechselt

Nachfolgeplanung ist ein zentrales Thema für vermögende Privatpersonen, Unternehmerfamilien und Family Offices. Neben emotionalen und familiären Fragen spielen steuerliche Aspekte eine entscheidende Rolle. Wer zu spät plant oder auf Standardlösungen vertraut, riskiert nicht nur erhebliche Steuerzahlungen, sondern auch die Zersplitterung von Vermögen, fehlende Kontrolle und langwierige Auseinandersetzungen zwischen den Erben.
Wer die Nachfolge erfolgreich plant, kombiniert Steueroptimierung mit langfristiger Familienplanung. Das beginnt schon vor dem Testament mit einer Frage: Was will die Familie über Generationen erreichen – finanziell, emotional, unternehmerisch?
Hohe Last bei unstrukturierter VermögensübergabeDie erbschaft- und schenkungsteuerlichen Regeln greifen unabhängig davon, ob es sich um Betriebsvermögen, umfangreiche Immobilienportfolios oder liquide Mittel handelt. Maßgeblich ist stets der gemeine Wert (Paragraf 9 Bewertungsgesetz), also der aktuelle Marktwert des Vermögens. Für Immobilien bedeutet dies die Bewertung nach Verkehrswerten, die oft deutlich oberhalb der früheren Einheitswerte liegen. Unternehmensanteile oder Betriebsvermögen werden nach typisierten Ertragswertverfahren bewertet, die ebenfalls zu erheblichen steuerlichen Belastungen führen können.
Zwar stehen Freibeträge zur Verfügung, wie etwa 500.000 Euro für Ehegatten und 400.000 Euro pro Kind (Paragraf 16 Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetz, ErbStG). Doch reichen diese bei größeren Vermögen kaum aus. Hinzukommen progressive Steuersätze: In Steuerklasse I liegen sie zwischen 7 und 30 Prozent, in den Steuerklassen II und III sogar bei bis zu 50 Prozent. Besonders kritisch sind Übertragungen an entferntere Verwandte oder nicht verheiratete Partner, da hier nicht nur niedrigere Freibeträge, sondern auch höhere Steuersätze greifen.
Gestaltungsinstrumente wie das Familienheimprivileg (Paragraf 13 Abs. 1 Nr. 4b, 4c ErbStG) oder die Begünstigung von Betriebsvermögen (Paragrafen 13a, 13b ErbStG) bieten zwar erhebliche Steuererleichterungen. Sie setzen jedoch eine präzise Strukturierung voraus. Fehlt es an einer rechtzeitigen Planung, droht eine erhebliche Steuerlast, die im ungünstigsten Fall zur Zerschlagung von Vermögenswerten führen kann.
Wer früh plant, hat deutlich mehr Spielräume, um Vermögen steuerlich effizient und zugleich rechtlich sicher zu übertragen. In der Praxis haben sich drei Wege besonders bewährt:
Erstens: Vorweggenommene Erbfolge mit NießbrauchvorbehaltKlassischerweise übertragen Eltern Immobilien oder Unternehmensanleihen zu Lebzeiten in Kombination mit einem Nießbrauchrecht an ihre Erben. Die übertragende Person behält die wirtschaftliche Nutzung, insbesondere die Erträge, während das Eigentum bereits auf die nächste Generation übergeht. Steuerlich reduziert der Kapitalwert des Nießbrauchs den anzusetzenden Wert der Schenkung erheblich, sodass Freibeträge besser ausgeschöpft werden können. Ein weiterer Vorteil: Nach zehn Jahren können sie die Freibeträge erneut nutzen.
Zweitens: Familiengesellschaften als StrukturierungsinstrumentFamilien bündeln ihr Vermögen in Form von Immobilien, Kapitalanlagen oder Beteiligungen in einer Gesellschaft – etwa einer GmbH & Co. KG oder Familien-GbR. Gesellschaftsverträgen regeln Stimmrechte, Entnahmen und Beteiligungen flexibel, sodass sie eine Zersplitterung von Vermögenswerten vermeiden. Gleichzeitig erlaubt die sukzessive Übertragung von Gesellschaftsanteilen die optimale Nutzung der steuerlichen Freibeträge. Für Unternehmerfamilien ist diese Form besonders attraktiv, da sie steuerliche Effizienz mit langfristiger Kontrolle verbindet.
Drittens: Steuerlich optimierte Übertragung von BetriebsvermögenDas ErbStG verschont Betriebsvermögen und bestimmte Gesellschaftsanteile weitgehend. Wer die Voraussetzungen erfüllt, kann 85 Prozent (Regelverschonung) oder sogar 100 Prozent (Optionsverschonung) steuerfrei übertragen. Voraussetzungen sind unter anderem, dass das Unternehmen fünf bis sieben Jahre fortgeführt, die Lohnsummenregel eingehalten und das Verwaltungsvermögen begrenzt wird. Gerade die Lohnsummenregel birgt für Unternehmen mit kleineren Belegschaften ein erhebliches Risiko, da selbst moderate Personalabbauten zu einem (Teil-)Verlust der Verschonung führen können.
Unternehmer müssen sorgfältig vorbereiten. Schon kleine formale Fehler können die Steuerbefreiung kosten. Komplexe Strukturen wie Betriebsaufspaltungen oder Holdings brauchen eine genaue steuerliche Prüfung.
Steuerpflicht endet nicht an der GrenzeVermögen wohlhabender Familien ist häufig international diversifiziert – sei es durch Immobilien in Spanien, Beteiligungen in Luxemburg oder einen Wohnsitz in der Schweiz. Eine Erbschaft beziehungsweise Schenkung unterliegt jedoch in Deutschland der unbeschränkten Steuerpflicht, wenn entweder der Schenker / Erblasser oder der Beschenkte / Erbe im Zeitpunkt der Schenkung beziehungsweise des Todes Inländer im Sinne des deutschen Erbschaftsteuergesetzes ist (Paragraf 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG). In diesem Fall fällt die deutsche Erbschaftsteuer auf das weltweite Vermögen an.
Ein Beispiel: Überträgt ein in Deutschland ansässiger Unternehmer Anteile an seiner GmbH an sein in Zürich lebendes Kind, fällt dennoch deutsche Schenkungsteuer auf den gesamten Wert an. Parallel kann auch eine schweizerische Besteuerung drohen. Somit sind Doppelbelastungen die Folge, sofern kein entsprechendes Abkommen greift.
Zusätzlich ist die Wegzugsbesteuerung (Paragraf 6 AStG) zu beachten. Verlegt ein Anteilseigner mit einer wesentlichen Beteiligung (größer als ein Prozent) seinen Wohnsitz ins Ausland, wird ein fiktiver Veräußerungsgewinn sofort besteuert. Dies geschieht auch dann, wenn kein Verkauf erfolgt. Dies kann insbesondere bei Nachfolgeszenarien mit internationalem Bezug erhebliche Liquiditätsprobleme verursachen.
Wer seine Nachfolge international gestalten möchte, sollte rechtzeitig prüfen, ob ausländische Familienstiftungen, Trusts oder Stiftungsmodelle tragfähig und steuerlich anerkannt sind.
Emotionen, Erwartungen, Erhalt – die weichen FaktorenDie steuerlichen Aspekte allein reichen nicht. Nachfolge bedeutet stets auch Verlust an Entscheidungshoheit, Rollenwechsel und den Umgang mit emotionalen Bindungen an ein Lebenswerk. Besonders in Unternehmerfamilien ist es entscheidend, die nächste Generation frühzeitig einzubeziehen. Dies kann durch Mitarbeit im Unternehmen, eine Mitgesellschafterstellung oder durch gezielte Vermögensübertragungen mit klaren Bedingungen erfolgen.
Die beste steuerliche Gestaltung wirkt nicht, wenn sie nicht in eine gemeinsame Familienstrategie eingebettet ist. Regelmäßige Gespräche und eine offene Kommunikation verhindern Konflikte und stärken das Vertrauen zwischen den Generationen. Fehlende Kommunikation ist einer der häufigsten Gründe, warum eigentlich durchdachte Nachfolgegestaltungen scheitern.
Family Offices, Steuerberater und rechtliche Begleiter sollten daher nicht nur Zahlen und Strukturen im Blick behalten, sondern auch innerfamiliäre Dialoge aktiv moderieren. Ergänzend können Testamentsvollstreckung, Nachfolgeklauseln oder die Einbindung externer Mediatoren helfen, Erwartungen zu klären und den Familienfrieden langfristig zu sichern.
Gestalten statt vererbenDas deutsche Steuerrecht hält eine Vielzahl an wirksamen und legalen Gestaltungsmöglichkeiten bereit, um Vermögen strukturiert und steuerlich optimiert auf die nächste Generation zu übertragen. Doch diese Chancen entfalten ihre Wirkung nur dann, wenn sie rechtzeitig erkannt und professionell umgesetzt werden.
Drei Impulse für Entscheider:- Freibeträge ausschöpfen – und diese alle zehn Jahre erneut nutzen.
- Gestaltungsinstrumente kombinieren – etwa Nießbrauch, Familiengesellschaften und Verschonungsregeln.
- Ganzheitlich planen – Nachfolge immer steuerlich, familiär und rechtlich denken.
Nachfolgeplanung ist kein Projekt für den Schlusspunkt des Lebens, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der früh beginnen sollte. Wer rechtzeitig handelt, wahrt nicht nur steuerliche Spielräume, sondern schafft auch Klarheit und Sicherheit für die Familie.
Gerade bei komplexen Vermögensstrukturen, internationaler Verflechtung oder dem Anspruch auf generationenübergreifende Stabilität gilt: Wer gestaltet, bewahrt Werte. Wer zögert, riskiert unnötige Belastungen und Konflikte.
Über die Autoren:
Benjamin Cortez ist Steuerberater und Partner, Ilka Sussek ist Managerin bei der Kanzlei Schlecht und Partner mit Standorten in Stuttgart, München und Nürnberg. Schwerpunkte der Kanzlei liegen in den Bereichen der Unternehmensnachfolge, der privaten Vermögensnachfolge, dem Internationalen Steuerrecht und der Transaktionsberatung.
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