Der weise Konfuzius ist in Australien nicht mehr gern gesehen


In den letzten Monaten ist rund die Hälfte der Konfuzius-Institute an australischen Universitäten verschwunden. Sechs Universitäten von Brisbane über Sydney und Melbourne bis Perth liessen still und leise die bestehenden Verträge auslaufen – erst ein Bericht der nationalen Rundfunkanstalt ABC machte die Schliessungen öffentlich. Nach der Zusammenstellung der ABC verbleiben noch sieben chinesische Institute in Australien.
NZZ.ch benötigt JavaScript für wichtige Funktionen. Ihr Browser oder Adblocker verhindert dies momentan.
Bitte passen Sie die Einstellungen an.
Konfuzius-Institute sind vom chinesischen Bildungsministerium unterhaltene Einrichtungen zur Förderung der chinesischen Sprache und Kultur. Namensgeber ist der Philosoph Konfuzius, der im fünften Jahrhundert vor Christus lebte. Die Kommunistische Partei stellt den grossen Denker als Vorbild dar, weil er für Ordnung und Harmonie plädierte. Dass er auch kritisches Denken und das Hinterfragen von Autoritäten lehrte, verschweigt die KP.
Die Institute funktionieren nicht eigenständig, wie zum Beispiel die Goethe-Institute, sondern sind in Universitäten in den Gastländern eingebettet. Die Lehrer und das Lernmaterial werden von Hanban, dem staatlichen chinesischen Zentrum für Sprachausbildung, gestellt.
Australische Universitäten waren lange sehr empfänglich für diese Art der Zusammenarbeit, weil es ihnen ermöglichte, kostengünstig Chinesisch-Sprachkurse anzubieten. Da die australischen Regierungen über viele Jahre die Zuschüsse an die Universitäten zurückgefahren haben, suchen diese nach Zusatzeinkommen. Viele werben auch gezielt ausländische Studenten an, von denen sie höhere Studiengebühren verlangen können. Chinesische Studenten machen dabei die grösste Gruppe aus.
Konfuzius-Institute, chinesische Studenten und Forschungsabkommen mit chinesischen Instituten hätten der KP Chinas vielfache Einflussmöglichkeiten auf Australiens Wissenschaft und Lehre geboten, sagt Clive Hamilton. Der Ethik-Professor an der Charles Sturt University in Canberra war einer der Ersten, der auf chinesische Beeinflussungsversuche in Australiens Bildung, Wirtschaft und Politik aufmerksam machten. Sein Buch «Silent Invasion» sorgte bei der Erscheinung 2018 für Aufruhr. Auch deshalb, weil sein angestammter Verlag das Buch aus Angst vor chinesischen Repressalien nicht publizieren wollte.
Die Regierung machte Druck auf die Universitäten«Von allen öffentlichen Institutionen waren die Universitäten diejenigen, welche am weitesten von sich wiesen, dass es ein Problem gebe», sagt Hamilton im Gespräch. Er macht akademische Arroganz dafür verantwortlich: «Die Professoren sagten sich: ‹Wir sind so klug, dass wir niemals vom Einfluss der KP Chinas betroffen sein könnten.›»
An einigen Universitäten habe der Gesinnungswandel bis heute nicht richtig stattgefunden. Die Universitäten schlössen die Konfuzius-Institute nicht, weil sie diese für problematisch befänden. «Sie tun dies, weil ihnen die Regierung klargemacht hat, dass sie die Institute als Problem sieht und dass staatliche Fördergelder auf dem Spiel stehen könnten», sagt Hamilton.
Seit Hamiltons Buch erschienen ist, hat sich der Wind gedreht. China wird heute in Australien deutlich kritischer gesehen. Die Geheimdienste achten sich ganz genau darauf, wo und wie die Kommunistische Partei Chinas Australiens Politik und Gesellschaft zu manipulieren versucht. Bereits 2019 wurde die Arbeitsgruppe zur Abwehr ausländischer Einflussnahme an Universitäten (Ufit) ins Leben gerufen, die Vertreter der Regierung und der Universitäten zusammenbringt. Ufit entwickelte Leitlinien für den Umgang mit ausländischer Einflussnahme.
Future Publishing / Getty
Vor zwei Jahren machte die Regierung von Premierminister Anthony Albanese dann deutlich, dass sie keine neuen Konfuzius-Institute bewilligen würde. Allerdings wurden die bestehenden Institute nicht geschlossen. Doch, so Hamilton, den Universitäten sei klargeworden, dass das Modell Konfuzius-Institut politisch nicht mehr tragbar sei.
China hat mit den Instituten nicht viel erreichtDie Ära der Konfuzius-Institute in Australien ist offensichtlich zu Ende. Die verbliebenen Institute dürften ebenso still und leise verschwinden wie die anderen. Selbst wenn die Liberale Partei Anfang Mai die Wahlen gewänne, würde dies nichts ändern. Sie ist China gegenüber mindestens so kritisch eingestellt wie die Labor-Partei von Albanese.
Daher stellt sich die Frage: Was haben die Institute erreicht?
Nicht viel, sagt James Laurenceson, der Direktor des Australia-China Relations Institute (Acri) an der University of Technology in Sydney. Die Konfuzius-Institute hätten zwar auf die Zensurierung gewisser Themen hingewirkt, die Peking vermeiden wollte, sagt Laurenceson, «aber man kann nicht sagen, dass sie aktive Propaganda betrieben hätten».
Acri war in den Gründungsjahren selber unter Beschuss geraten, weil es von einem Unternehmer chinesischer Abstammung finanziell unterstützt worden war, der Kontakte zur KP Chinas hatte. Heute sei das Bewusstsein ein ganz anderes und die australischen Geheimdienste schauten genau hin, wo und wie ausländische Mächte – in allererster Linie China – Einfluss zu nehmen versuchten, sagt Laurenceson.
Hamilton sieht es ähnlich: Die Konfuzius-Institute hätten für einige Zeit das politische Umfeld an australischen Universitäten empfänglicher für die Weltanschauung Pekings gemacht, doch sie seien nie der wichtigste Kanal für die Einflussnahme der KP Chinas gewesen – in Wirtschaft und Politik sei diese viel grösser gewesen. «Die Institute waren aber sehr sichtbar, es war eine Art Einflussnahme, die jedermann verstand», sagt Hamilton: «Die Konfuzius-Institute sind ein sehr starkes Symbol. Dass sie jetzt verschwinden, steht für den Wandel der Einstellung in Australien gegenüber China.»
nzz.ch