Verbrenner-Aus 2035 in Gefahr: Markus Söders Ausbremsversuch

Eine wirkliche Überraschung ist es nicht: Pünktlich zur Internationalen Automobilausstellung IAA in München steht erneut die Forderung im Raum, sich vom EU-weiten Verbrenner-Aus ab 2035 doch besser zu verabschieden. Und zwar grundsätzlich. CSU-Chef Markus Söder hat diese Forderung ein weiteres Mal gestellt, nun als Teil eines „Zehn-Punkte-Plans“, zu dem er auch den Abschied von Verbrenner-Fahrverboten in Innenstädten und mehr Technologie-Offenheit zählt.
Eigentlich ist das EU-weite Verbrennerverbot für 2035 vorgesehen. Es war Part des Green Deals der EU. Doch seit aus dem recht ambitionierten Umwelt- und Klimaschutzprogramm nach der Europawahl 2024 der abgespeckte Clean Industrial Deal wurde, wackelt das Vorhaben.
Und auch Söder legt hier die Axt an. „Der Verbrenner hat mit E-Fuels und neuen Technologien eine Zukunft”, lautet Punkt eins seines Plans. Allerdings ist genau das höchst fraglich - speziell mit Blick auf den Personenverkehr.
Denn E-Fuels, die mithilfe von Strom aus Wasserstoff sowie CO₂ aus der Atmosphäre hergestellt werden, sind weit davon entfernt, wirtschaftlich zu sein. Der Aufwand, um sie zu erzeugen, ist immens, die Verfahren sind teuer. Deshalb sollten E-Fuels in erster Linie dem Flug- oder Schiffsverkehr vorbehalten bleiben - denn für sie gibt es keine günstigen Alternativen.
Auch Biokraftstoffe wie HVO 100 sind keine sinnvolle Lösung, denn sie feuern zum einen die bereits starke weltweite Nachfrage nach Palmöl weiter an - und damit auch großflächige Rodungen. Zum anderen sind auch sie, genau wie E-Fuels, wesentlich weniger effektiv als Autos, die direkt mit Strom fahren: Mit derselben Menge an Strom kommt das E-Auto 700 Kilometer weit, ein vergleichbarer Verbrenner mit E-Fuels nur 100 Kilometer.
Söders Ausbremsversuch ist aber auch aus einem anderen Grund kontraproduktiv. Denn die lange schleppende Nachfrage nach E-Autos steigt inzwischen auch in Deutschland. Im August war jedes fünfte neu zugelassene Auto ein E-Auto. VW-Konzernchef Oliver Blume will zwar auch kein komplettes Verbrennerverbot 2035, aber betont, der E-Mobilität gehöre die Zukunft. Und auf der IAA machen es gleich 116 chinesische Aussteller vor: Die Reise geht in Richtung E-Auto.
Jetzt kommt es darauf an, nicht für neue Unsicherheit zu sorgen - weder in der Branche noch bei jenen, die ein Auto kaufen wollen. Wer sich immer wieder fragen muss, ob denn künftig der Verbrenner oder das E-Auto die bessere Alternative ist, wird weiter zögern. Hinzu kommt: Wer den Koalitionsvertrag gelesen hatte und mit dem Kauf eines E-Autos liebäugelte, durfte im Frühjahr auf Kaufanreize auch für Privatleute hoffen. Doch die angekündigte Senkung der Stromsteuer für alle blieb bislang aus. Werbung für die Antriebswende geht anders.
rnd