DB: Wie die Preiserhöhung der Bahn Familien ausbremst
Nein, die Deutsche Bahn hat derzeit wirklich keinen Mangel an Imageproblemen. Chronische Unpünktlichkeit sowie Zugausfälle zählen dazu und machen das Reisen immer wieder zur Geduldsprobe - auch für Familien übrigens, die mit ihrem Nachwuchs klimafreundlich per Bahn unterwegs sind.
Ein weiteres Imageproblem kommt nun ab Sonntag noch hinzu. Dann will die DB pünktlich zum „Kleinen Fahrplanwechsel“ ihre seit Jahren bewährte Familienreservierung kassieren. Auch für mitreisende Kinder müssen dann eigene Platzreservierungen gebucht und gezahlt werden. Eine vierköpfige Familie zahlt für Hin- und Rückfahrt also stattliche 44 Euro - nur an Reservierungsentgelt. Für diese Summe bekommt man mindestens eine halbe Tankfüllung, und gratis einen Grund, doch wieder aufs Auto umzusteigen.
Auch wenn für mitreisende Kinder bis 14 Jahre die Fahrt selbst nach wie vor kostenfrei ist: Einzelreservierungen sind vor allem für Familien mit mehreren Kindern und knappem Budget ein zusätzlicher Brocken. Und gerade größere Familien sind auf Platztickets definitiv angewiesen. Andernfalls riskieren sie, sich im Wagen auf einzelne Sitze verteilen zu müssen.
Dabei geht es ja gerade um die Möglichkeit, als Familie miteinander zu reisen - das ist der große Vorteil und das Besondere der Bahn. Wo sonst kann man während der Fahrt vorlesen, Karten oder Würfel spielen und komplette Malbücher ausmalen. Und ganz nebenher übt man außerdem die Verkehrswende ein.
Doch anstatt dieses Alleinstellungsmerkmal der Schiene zu nutzen und idealerweise sogar noch auszubauen, setzt man bei der DB das Signal in die Gegenrichtung. Die Argumentation, es ändere sich für die meisten Familien preislich kaum etwas, weil die Familienreservierung vor allem von nur einem Erwachsenen plus Kind gebucht wird, greift nicht. Sie wird sogar noch unverständlicher, wenn der Betrag, den man durch die Änderung einspart, kein wirklich großer ist.
Viel gewinnbringender wäre da ein Schritt in Richtung mehr statt weniger Familienfreundlichkeit. Zur Inspiration ein Blick ins europäische Ausland.
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Zum Beispiel nach Tschechien: Bereits 130 Fernverkehrszüge der tschechischen Bahn bieten ein Kinderkino. Hunderte von Zügen verfügen über Wagen mit einer Kinderspielstation, und Tausende Verbindungen haben barrierefreie, niederflurige Wagen, die das Reisen mit Kinderwagen erleichtern. Last, but not least: rund 500 Fernverkehrsverbindungen haben reservierte Plätze für Reisende mit Kindern unter 10 Jahren. Na also, geht doch.
Währenddessen ist Barrierefreiheit in den ICE hierzulande weiterhin ein schöner Wunsch - dort mit einem Kinderwagen (oder auch einem Rollator) einzusteigen, ist nach wie vor ein echter Kraftakt. Auch die eigene Erfahrung hat gezeigt: Ja, Reisen mit vielen Kindern sind auch eine Herausforderung. Denn nach mehreren Stunden bricht sich der Bewegungsdrang des Nachwuchses Bahn.
Weiter im Norden machen die Finnen deshalb ihren Punkt: Dort gibt es veritable Indoor-Spielplätze - und zwar auf Wagenlänge. In der oberen Etage der Doppelstockzüge kann sich der Nachwuchs so auch auf längeren Strecken zumindest ansatzweise austoben. Und für Verschnaufpausen gibt es dort zusätzlich ein wohl gefülltes Bücherregal zum Schmökern. Das ist der Weg in die Zukunft. Auf der Schiene. Und mit Familie an Bord.
Anstatt also einfache Reservierungsmöglichkeiten abzuschaffen, muss die Bahn die Attraktivität für Familien ausbauen. Und zwar deutlich. Dazu reicht es nicht aus, wenn Zugbegleiter Mini-ICEs an den Nachwuchs verteilen. Mehr Platz und mehr (verfügbare!) Kinderabteile müssen her.
rnd
