Analyse von HQ Trust: Warum Anleger den Gini-Koeffizienten kennen sollten

Sektor-ETFs gelten als einfacher Weg zur gezielten Portfoliostreuung. Doch Vorsicht: Nicht jeder Sektor-Index ist gleich diversifiziert. Worauf Anleger achten sollten, zeigt eine neue Analyse von Sebastian Dörr vom Multi Family Office HQ Trust.
Der Kapitalmarktanalyst hat untersucht, wie konzentriert verschiedene Sektor-Investments tatsächlich sind. Dafür verwendete er den Gini-Koeffizienten – ein Maß, das die Gewichtungsverteilung der einzelnen Aktien innerhalb eines Index misst. Die Skala reicht von null (alle Titel gleich gewichtet) bis eins (ein Titel dominiert den gesamten Index).
USA: Konzentration auf RekordniveauDörrs Analyse der MSCI-Indizes seit 1998 offenbart deutliche regionale Unterschiede: „Der Gini-Koeffizient ist in den USA mit aktuell 0,69 sehr nah an seinem Hochpunkt aus dem Jahr 2000 – rund um das Platzen der Dotcom-Bubble.“ Einige wenige Schwergewichte bestimmen somit die Indexentwicklung.

Besonders ausgeprägt ist diese Konzentration in drei US-Sektoren: Technologie, Kommunikation und zyklischer Konsum. „In allen drei Sektoren, die jeweils Titel der sogenannten ‚Magnificent Seven‘ enthalten, liegt der Gini-Koeffizient derzeit nahe der historischen Höchststände“, erklärt Dörr. Am anderen Ende der Skala stehen Materialien, Immobilienwerte und Versorger mit deutlich gleichmäßigerer Gewichtung.
Europa: Breitere Streuung als VorteilGanz anders die Situation in Europa: Mit einem Gini-Koeffizienten von 0,58 verteilt sich die Marktkapitalisierung deutlich breiter. „Keiner der elf europäischen Sektoren ist derzeit so konzentriert wie der MSCI USA“, so der Analyst. Selbst die konzentriertesten europäischen Bereiche – Gesundheit, Technologie und Energie – bleiben unter dem US-Gesamtniveau.
Was das für Anleger bedeutetDörr warnt vor pauschalen Urteilen: „Ein niedriger Gini-Koeffizient ist nicht automatisch besser als ein hoher Wert: Er kann beispielsweise darauf hinweisen, dass der Sektor keine dominierenden Marktführer hat.“ Stattdessen sollten Investoren sektorspezifische Besonderheiten beachten.
Seine Empfehlung: „Bevor Anleger in einen Sektor-ETF investieren, sollten sie bedenken, inwiefern die Performance des Index von vielen Titeln getragen wird oder ob wenige große Unternehmen das Bild dominieren.“ Entscheidend sei, die Konzentration im Kontext des gesamten Portfolios zu betrachten.
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